LG Frankenthal v. 18.7.2024 - 8 O 97/24

Wirksames notarielles Testament trotz leichtgradiger Demenz

Auch eine an Demenz erkrankte Person kann noch in der Lage sein, ein Testament wirksam zu errichten. Nicht jede Demenz führt automatisch zur sog. Testierunfähigkeit. Entscheidend ist insoweit, ob sich die betreffende Person trotz ihrer Erkrankung noch ein klares Urteil über die Tragweite ihrer Anordnungen bilden kann und in der Lage ist, frei von Einflüssen Dritter zu entscheiden.

Der Sachverhalt:
Der Kläger im vorliegenden Eilverfahren ist der Testamentsvollstrecker einer verstorbenen Frau, die keine pflichtteilsberechtigten Angehörigen hatte. Kurz vor ihrem Tod hatte die Neunzigjährige vor einem Notar ein Testament errichtet, mit dem sie dem Sohn einer Freundin ihr wertvolles Anwesen in Ludwigshafen vermachte. Der Notar hielt in der Urkunde schriftlich fest, dass nach seiner Auffassung bei ihr eine unbeschränkte Geschäfts- und Testierfähigkeit besteht.

Der Testamentsvollstrecker vertritt demgegenüber die Meinung, die Seniorin sei bereits bei der Beurkundung nicht mehr fähig gewesen, frei zu entscheiden. Er legte Arztbriefe vor, aus denen eine "beginnende demenzielle Entwicklung", eine "demenzielle Entwicklung" und eine "bekannte Demenz" der Frau hervorgingen. Mit seinem Eilantrag will der Kläger verhindern, dass der bedachte Sohn der Freundin das Haus erwirbt.

Das LG wies den Eilantrag ab. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Es ist Berufung zum OLG möglich.

Die Gründe:
Auch eine an Demenz erkrankte Person kann noch in der Lage sein, ein Testament wirksam zu errichten. Nicht jede Demenz führt automatisch zur sog. Testierunfähigkeit.

Vielmehr kommt es darauf an, ob sich die betreffende Person trotz ihrer Erkrankung noch ein klares Urteil über die Tragweite ihrer Anordnungen bilden kann und in der Lage ist, frei von Einflüssen Dritter zu entscheiden. Insoweit ist zu unterscheiden zwischen leichtgradiger, mittelschwerer und schwerer Demenz. Befindet sich die Erkrankung noch in einem leichtgradigen Stadium, ist regelmäßig noch nicht von einer Testierunfähigkeit auszugehen.

Es ist vorliegend Sache des Klägers, die Testierunfähigkeit der verstorbenen Frau zu beweisen. Dass ihm das im Hauptsacheverfahren gelingen kann, erscheint nicht überwiegend wahrscheinlich. Bei den vorgelegten Unterlagen fehlt es u.a. an einer Einstufung des Grades der Demenz, ohne die keine verlässliche Aussage getroffen werden kann.

Mehr zum Thema:

Aufsatz
Die Rechtsprechung zum Erbrecht im 2. Halbjahr 2022
Franz M. Große-Wilde, MDR 2023, 1355
MDR0060370

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 30.08.2024 11:34
Quelle: LG Frankenthal PM vom 29.8.2024

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