OLG Karlsruhe v. 8.10.2024, 18 UF 131/24

Versorgungsausgleich: Keine Gleichartigkeit zwischen Grundrentenentgeltpunkten und übrigen Entgeltpunkten

Zwischen Grundrentenentgeltpunkten und übrigen Entgeltpunkten besteht auch nach der zum 1.7.2024 in Kraft getretenen Neuregelung des § 120f SGB VI weiterhin keine Gleichartigkeit i.S.v. § 18 Abs. 1 VersAusglG. Der Entfall des bisherigen § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI beruht auf einem gesetzgeberischen Versehen.

Der Sachverhalt:
Die beteiligten Ehegatten waren mit Verbundbeschluss vom 20.6.2024 nach siebenjähriger Ehe geschieden worden. Gleichzeitig war der Versorgungsausgleich durchgeführt worden. Dabei hatte das AG die vom Antragsgegner bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (Beteiligte zu 3) erworbenen Anrechte ausgeglichen, ohne den in der Auskunft des Versorgungsträgers vom 3.4.2024 ausgewiesenen Ausgleichswert hinsichtlich der Entgeltpunkte für langjährige Versicherung zu berücksichtigen.

Gegen den ihnen jeweils am 1.7.2024 zugestellten Beschluss wandten sich sowohl die Antragstellerin als auch die weitere Beteiligte 3) mit ihren Beschwerden, mit denen sie beantragten, die Entscheidung über den Versorgungsausgleich hinsichtlich der vom Antragsgegner in der Ehezeit erworbenen Grundrentenentgeltpunkte zu ergänzen.

Das OLG hat den Ausspruch zum Versorgungsausgleich abgeändert.

Die Gründe:
Im Wege der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragsgegners bei der Beteiligten zu 3) zugunsten der Antragstellerin ein Anrecht i.H.v. 0,4589 Entgeltpunkten für langjährige Versicherung auf deren Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Bund bezogen auf den 31.7.2023, übertragen.

Zwischen den vom Antragsgegner erworbenen Grundrentenentgeltpunkten und den von der Antragstellerin erworbenen übrigen Entgeltpunkten besteht keine wechselseitige Gleichartigkeit i.S.v. § 18 Abs. 1 VersAusglG (BGH v. 10.1.2024 - XII ZB 389/22), die eine Einbeziehung ihres Anrechts gebieten würde (vgl. BGH v. 3.2.2016 - XII ZB 629/13). Bislang war in § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI ausdrücklich klargestellt, dass die in der allgemeinen Rentenversicherung als Zuschläge für langjährige Versicherung gewährten Entgeltpunkte und die übrigen Entgeltpunkte nicht als Anrechte gleicher Art gelten. Nach der zum 1.7.2024 in Kraft getretenen Neufassung des § 120f Abs. 2 SGB VI gelten zwar nur noch die in der allgemeinen Rentenversicherung und in der knappschaftlichen Rentenversicherung erworbenen Anrechte nicht als Anrechte gleicher Art. Die bisherige Nr. 3 der Vorschrift ist entfallen.

Hierbei handelt es sich allerdings um ein gesetzgeberisches Versehen. Die zum 1.7.2024 in Kraft getretene Fassung wurde bereits mit dem Rentenüberleitungs-Abschlussgesetz zur Rentenangleichung in Ost- und Westdeutschland vom 17.7.2017 beschlossen. § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI wurde hingegen erst später mit dem Gesetz zur Einführung der Grundrente für langjährige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung vom 12.8.2020 eingefügt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber hinsichtlich der Grundrentenentgeltpunkte zum 1.7.2024 eine Neuregelung treffen wollte. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Rentenüberleitungs-Abschlussgesetztes gab es überhaupt noch keine Grundrentenentgeltpunkte.

Im Ergebnis sind Grundrentenentgeltpunkte daher weiter als im Versorgungsausgleich eigenständig auszugleichendes und im Verhältnis zu den übrigen Entgeltpunkten ungleichartiges Anrecht zu behandeln. Dabei kann offen bleiben, ob die bisherige Regelung des § 120f Abs. 2 Nr. 3 SGB VI aufgrund des Lex-posterior-Grundsatzes weiterhin gilt oder ob § 120f Abs. 1 SGB VI dem gesetzgeberischen Willen entsprechend teleologisch zu reduzieren ist.

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.10.2024 13:43
Quelle: Landesrechtsprechung Baden-Württemberg

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