BGH v. 18.9.2024 - XII ZB 25/24

Familiengericht zuständig bei anfechtungsrechtlicher Streitigkeit zwischen Schwiegerkind und Schwiegervater?

Grundsätzlich handelt es sich bei anfechtungsrechtlichen Streitigkeiten nach §§ 129 ff. InsO nicht um Familiensachen iSv § 266 FamFG. Anders kann es sich aber bei der Anfechtung einer Rechtshandlung nach dem Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens (Anfechtungsgesetz) verhalten. Bei derartigen Streitigkeiten können sich Angehörige des in § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG genannten Personenkreises als Anfechtender und Anfechtungsgegner gegenüberstehen. Ist dies der Fall, kann der Streitigkeit nicht allein wegen ihres anfechtungsrechtlichen Hintergrundes der erforderliche Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe abgesprochen werden.

Der Sachverhalt:
Die Parteien streiten über die Zuständigkeit der angerufenen Zivilkammer. Der Kläger und die Tochter des Beklagten zu 2, die am Rechtsbeschwerdeverfahren nicht beteiligte Beklagte zu 1, sind seit März 2015 rechtskräftig geschiedene Eheleute. Der Kläger ist Gläubiger titulierter Forderungen gegen seine geschiedene Ehefrau. Ausweislich einer von ihm eingereichten Forderungsaufstellung handelt es sich bei den titulierten Forderungen überwiegend um Unterhaltsansprüche und Ansprüche aus im Rahmen familiengerichtlicher Verfahren erlassenen Kostenfestsetzungsbeschlüssen.

Der Kläger macht geltend, seine geschiedene Ehefrau habe nach Rechtskraft der Scheidung zur Vereitelung der Zwangsvollstreckung wegen der titulierten Forderungen Vermögenswerte u.a. auf ihren Vater, den Beklagten zu 2 (im Folgenden: Beklagter), übertragen, indem sie das von ihr weiterhin betriebene Gewerbe auf ihn angemeldet habe. Er nimmt den Beklagten daher mit rechtshängiger Stufenklage auf Auskunftserteilung und Rechnungslegung über das Ergebnis der Geschäftstätigkeit sowie über ggf. erhaltene weitere Zahlungen und Zuwendungen sowie auf Zahlung von noch zu bezifferndem Wertersatz in Anspruch.

Das vom Kläger angerufene LG erklärte sich für unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das AG. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde des Klägers wies das KG zurück. Der BGH hat nun auch die dagegen eingelegte Rechtsbeschwerde des Klägers zurückgewiesen.

Die Gründe:
Das Beschwerdegericht hat zu Recht die hier zu beurteilende Streitigkeit als sonstige Familiensache iSd § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG eingeordnet.

Gemäß § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG sind sonstige Familiensachen Verfahren, die Ansprüche zwischen miteinander verheirateten oder ehemals miteinander verheirateten Personen oder zwischen einer solchen und einem Elternteil im Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe betreffen, sofern nicht die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte gegeben ist oder das Verfahren eines der in § 348 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 lit. a bis k ZPO genannten Sachgebiete, das Wohnungseigentumsrecht oder das Erbrecht betrifft und sofern es sich nicht bereits nach anderen Vorschriften um eine Familiensache handelt.

Maßgeblich für das Vorliegen einer sonstigen Familiensache im Sinne von § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG ist neben dem danach erforderlichen sachlichen und zeitlichen Bezug zu Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe insbesondere, dass es sich um eine Streitigkeit zwischen Angehörigen des dort genannten Personenkreises handelt.

Bei anfechtungsrechtlichen Streitigkeiten nach §§ 129 ff. InsO handelt es sich daher nicht um sonstige Familiensachen im Sinne von § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG. Der Insolvenzverwalter über das Vermögen einer der in § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG genannten Personen gehört bereits nicht dem vom Gesetz eng umgrenzten Kreis von Personen an, die in einem besonderen familienrechtlichen Verhältnis zueinander stehen.

Anders kann es sich indes bei der Anfechtung einer Rechtshandlung nach dem Gesetz über die Anfechtung von Rechtshandlungen eines Schuldners außerhalb des Insolvenzverfahrens (Anfechtungsgesetz) verhalten. Bei derartigen Streitigkeiten können sich Angehörige des in § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG genannten Personenkreises als Anfechtender und Anfechtungsgegner gegenüberstehen. Ist dies der Fall, kann der Streitigkeit nicht allein wegen ihres anfechtungsrechtlichen Hintergrundes der erforderliche Zusammenhang mit Trennung, Scheidung oder Aufhebung der Ehe abgesprochen werden.

Nach diesen Maßstäben hat das vorliegende Verfahren eine sonstige Familiensache im Sinne des § 266 Abs. 1 Nr. 3 FamFG zum Gegenstand. Es wird zwischen Personen, die dem dort genannten Personenkreis angehören, geführt und weist auch den geforderten sachlichen und zeitlichen Zusammenhang mit der Trennung und Scheidung des Klägers und der Tochter des Beklagten auf.

Der Kläger nimmt mit dem Beklagten einen Elternteil seiner von ihm seit März 2015 rechtskräftig geschiedenen Ehefrau in Anspruch und verfolgt mit seiner Stufenklage das Ziel, von seinem ehemaligen Schwiegervater Auskunft und Rechnungslegung über die Geschäftstätigkeit des auf ihn zum 1.1.2016 angemeldeten Gewerbes und über etwa weiter erhaltene Zahlungen und Zuwendungen sowie sodann Wertersatz zu erhalten. Hintergrund dieser seit Januar 2020 rechtshängigen Streitigkeit ist das Scheitern seiner Ehe mit der Tochter des Beklagten, die - nach dem Vortrag des Klägers - seine Zwangsvollstreckung wegen diverser familiengerichtlich titulierter Forderungen durch Übertragung von Vermögenswerten, wie u.a. durch Anmeldung des von ihr weiter geführten Gewerbes auf ihren Vater, zu vereiteln versuche.

Der damit gegebene familienrechtliche Bezug ist auch weder völlig untergeordnet noch liegt eine der in § 266 Abs. 1 Halbsatz 2 FamFG genannten Spezialzuständigkeiten vor.

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Aufsatz:
Die Entwicklung des »FamFG« seit dem Jahr 2022
FuR 2024, 422

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 11.11.2024 11:53
Quelle: BGH online

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